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Menschenbezogene Kitten: 7 Tipps Katzen zu sozialisieren

Wenn Katzenbabies auf die Welt kommen, zählen für sie erst einmal nur drei Dinge: Fressen, schlafen und die Nähe zur Mutter. Damit das nicht ein katzenleben lang so bleibt und aus den hilflosen Kitten irgendwann selbstbewusste und menschenbezogene Katzen werden, sind Züchter und Pflegestellen mit kleinen Katzen schon in den ersten Tagen gefragt – und sogar noch davor. Wissgetierig hat mithilfe erfolgreicher Züchter und Tierschützer 7 Tipps zusammengestellt, um Katzen zu sozialisieren.

Von Epigenetik und trächtigen Katzen

Die Sozialisierung von Katzen – und im übrigen auch Welpen, Kindern und allen anderen Säugetieren – beginnt, anders als lange Zeit vermutet, nicht in der Kinderstube. Das Prinzip der tabula rasa, das besagt das Mensch und Tier ohne jegliche Erfahrung und Einflüsse und quasi als unbeschriebenes Blatt geboren werden, ist überholt. Heute weiß man, dass Gene ebenso einen Einfluss auf unsere Entwicklung und damit auch indirekten Einfluss auf unsere Sozialisation haben, wie frühe Erfahrungen, die bereits im Mutterleib beginnen. Für Katzen gilt das gleiche.

Fütterung des Muttertiers, aber auch Hormone, wie die glücklich machenden Endorphine oder das bei Stress ausgestoßene Kortisol, haben direkten Einfluss auf die Föten im Mutterleib. Ein Kitten macht demnach schon  Erfahrung mit seiner Umwelt, bevor es mit ihr interagieren kann.

Die Fütterung der Mutterkatze hat natürlich auch Einfluss auf ihre Kitten. | Foto: Neville Kingston - pixabay.com

Die Fütterung der Mutterkatze hat natürlich auch Einfluss auf ihre Kitten. | Foto: Neville Kingston – pixabay.com

Von Menschen weiß man, dass Mütter aus dem zweiten Weltkrieg, die während der Schwangerschaft unter starker Unterernährung litten, sehr kleine und leichte Babies auf die Welt brachten. Das ist natürlich zunächst nicht weiter verwunderlich. Für Aufsehen und neue, wissenschaftliche Erkenntnisse sorgten jedoch die Kinder der Babies von damals. Obwohl diese als Mütter natürlich eine deutlich bessere Ernährung und medizinische Versorgung erfuhren, wiesen auch ihre Kinder ein signifikant niedrigeres Gewicht und eine geringere Größe bei der Geburt auf.  Mit dieser Beobachtung war das Feld der Epigenetik eröffnet, die sich mit dem Zusammenspiel zwischen Genen und Umwelt beschäftigt.

Was bedeutet das beim Kitten sozialisieren?
• Die artgerechte und hochwertige Fütterung der Muttertiere ist unabdingbar, um den Kitten einen optimalen Start ins Leben zu ermöglichen.
• Der Stresspegel sollte während der Schwangerschaft und natürlich auch nach der Geburt der Kitten bei einem Muttertier möglichst gering gehalten werden.
• Wesenszüge werden von Katzen an Kitten weitergegeben. Katzen zu sozialisieren, die bereits menschenbezogene Mütter haben, ist demnach deutlich einfacher.
• Diese Erkenntnis rückt bei der Auswahl von Zuchttieren auch deren Wesenszüge in den Vordergrund.

Katzen sozialisieren in der Zeit nach der Geburt

Als Züchter oder Pflegestelle, die trächtigen Katzen einen Zufluchtsort bietet, ist unser aktiver Einfluss damit weit vor der Geburt der Kitten gefragt, wenn er auch nur passiv auf diese Wirken kann. Die eigentliche Arbeit beim Katzen sozialisieren am Kitten selbst beginnt nach der Geburt. Erfahrene Katzenzüchter, die das Katzen sozialisieren sehr ernst nehmen, setzen dabei auf folgende 7 Tipps.

  1. Körpernähe zum Menschen von Anfang an. Kein Zweifel, für Kitten ist vor allem eines wichtig: Ihre Katzenmutter. Den Einfluss des Menschen sollten wir dennoch nicht unterschätzen. Wer schon von Beginn an die Kitten immer wieder liebevoll hochnimmt, vorsichtig herzt und auch außerhalb der obligatorischen Gewichtskontrolle handelt, trägt viel dazu bei, die heranwachsenden Katzen zu sozialisieren. Wichtig ist hierbei, die Ruhe- und Säugezeiten der Kitten zu beachten und auch die Mütter nicht zu überfordern. Manche Katzen werden zu richtigen Löwenmüttern, wenn es um den Schutz ihrer Jungtiere geht.
  1. Die Prägephase nutzen. Bei Kitten beginnt die biologische Prägephase mit der 4 Woche und endet etwa 8 Wochen später. In diesem vergleichsweise engen Zeitfenster entwickelt sich das Gehirn der kleinen Katzen besonders schnell. Erfahrungen haben einen größeren Einfluss auf die Tiere und werden im Gehirn gespeichert, Synapsen bilden sich ausgesprochen schnell. Wer diese wertvolle Phase nicht nutzt, der verschenkt wertvolles Potential beim Katzen sozialisieren.Kitten-Sozialisieren-3
  1. Katzen sozialisieren im Alltag. Stereoanlage, Waschmaschine, Staubsauger – Geräusche wie diese sind für Katzen zunächst ungewöhnlich und anders als das Zwitschern von Vögeln oder das Summen von Bienen nicht genetisch verankert. Damit aus einem Kitten eine selbstbewusste und gut sozialisierte Katze wird, muss es schon früh mit Alltagsgeräuschen konfrontiert werden. Manche Züchter schwören auf Teenager im Haushalt – erfahrungsgemäß geht es gerade dann immer etwas lauter und bunter her.
  1. Jeder Mensch streichelt anders. So wie Katze nicht gleich Katze ist, ist Mensch nicht gleich Mensch. Weil jeder Mensch anders streichelt, sich anders bewegt und sich auch die Art des Umgangs mit den Tieren unterscheidet, ist es beim Katzen Sozialisieren ratsam, schon das Kitten mit möglichst unterschiedlichen Menschen bekannt zu machen. Im Idealfall bedeutet das: Kinder, ältere Menschen, behinderte und nichtbehinderte Menschen. In der Praxis mag das – zugegeben – nicht immer so einfach umzusetzen sein. Aber mit einem leckeren Kuchen und einer Tasse Kaffee hat sich noch so mancher Nachbar und Bekannter bereitwillig dazu erklärt, bei der Erziehung der Katzenbabies zu helfen. In den meisten Fällen reicht der Niedlichkeitsfaktor der Kitten allerdings aus, um Besuch anzulocken. Wichtig: Bevor das Immunsystem der Katzenkinder nicht ausreichend entwickelt ist, sollte ein Kontakt mit zu vielen Fremden vermieden werden. Spätestens nach der ersten Impfung heißt es jedoch: Feuer frei.
  1. Hund, Katze, Maus. Nicht jeder Katzenhaushalt möchte außerdem gleich einen ganzen Zoo bei sich beherbergen. Schließlich kostet eine gute Aufzucht von Kitten schon genug Zeit und Geld. Dennoch: wohnen auch andere Tiere im Haushalt, trägt dies positiv zur Entwicklung von Katzen bei. Je nach Rasse und Charakter des Tieres, ist es aber natürlich auch möglich, unterschiedliche Tierarten später aneinander zu gewöhnen.
  1. Menschenskinder! Kinder, besonders dann wenn sie kleiner sind, wirken auf manche Katzen bedrohlich. Die Tiere können die unsicheren Bewegungen und die hellen, lauten Stimmen oft nicht einschätzen – manche sind Kindern gegenüber ein Leben lang misstrauisch, wenn sie nicht schon als Kitten Kontakt mit ihnen bekommen. Hier hilft nur: Kinder einladen und den Kleinen unterschiedlicher Art – Menschen- und Katzenkindern – den geeigneten Umgang miteinander beibringen.
    Früh aneinenader gewöhnt werden diese beiden gute Freunde. | Foto: mcconnmama - pixabay.com

    Früh aneinenader gewöhnt werden diese beiden gute Freunde. | Foto: mcconnmama – pixabay.com

  1. Individuelle Förderung. Geht man als Kitteninteressent nach der Suche nach einem guten Züchter oder einer liebevollen Pflegestelle und fragt nach den individuellen Unterschieden der Kitten, hört man häufig: „Sie sind alle ganz lieb, verspielt und verschmust.“ Zwar sind diese Schlüsseladjektive genau das, was die meisten in einer Katze suchen, ich halte diese Antwort dennoch für unbefriedigend oder sogar problematisch. Auch Kitten sind Individuen und diese Individualität sollte der Mensch erkennen und fördern – und so wertvollen Nutzen beim Katzen sozialisieren daraus ziehen.

Unsere 7 Tipps zeigen, dass Katzen sozialisieren keine Zauberei ist, dennoch aber Hintergrundwissen und viel Zeit erfordert. Zeit, die gut investiert ist. In glückliche Katzen und Katzenbesitzer.

 

Was sagst du zu diesem Thema? Was sind deine Tipps beim Katzen sozialisieren und welche Tricks hast du auf Lager? Verrate es mir und anderen gerne in den Kommentaren oder bei uns auf Facebook und Twitter.

 

Wissgetierig dankt Martina Klinckmann von Guinnevere’s Snowshoe und Britisch Kurzhaar für die Unterstützung bei der Zusammenstellung dieser Liste sowie vielen weiteren Züchtern, die mir Einblick in ihre Zucht gewährten.  

Titelbild: ©Laurette57 – pixabay.com

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