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HCM bei Katzen: Erkennen, behandeln, verhindern

Gastbeitrag

Der folgende Artikel ist ein Gastbeitrag von Martina Klinckmann. Martina lebt mit ihrem Mann und ihren Katzen im niedersächsischen Tespe. Hier züchtet sie seit vielen Jahren Britisch Kurzhaar Katzen. Martinas große Leidenschaft und ihr Steckenpferd: Veterinärmedizin. Dabei interessiert sie sich besonders für das Thema HCM und hat auf diesem Gebiet – leider – auch persönliche Erfahrungen gemacht.

 

HCM ist eine der schlimmsten und verbreitetsten Herzkrankheiten bei Katzen. Dieser Artikel soll über das Thema informieren und eine kleine Hilfestellung geben. Er ersetzt jedoch in keinem Fall einen Besuch beim Tierarzt und die Behandlung erkrankter Tiere durch einen Experten.

Unsere Katzen sind Weltmeister darin, Schmerzen stumm zu ertragen, Krankheit und Schwäche so lange wie möglich zu verstecken. Das macht es umso wichtiger, dass wir Menschen eine gute Beobachtungsgabe haben und gerade bei einem an HCM – Erkrankten Tier genau über den Verlauf und die Symptome dieser Krankheit Bescheid wissen. Was bedeutet die Diagnose HCM? Wie kann ich eine HCM erkennen und warum der HCM-Schall so wichtig und sinnvoll?

HCM – Hypertrophe Kardiomyopathie

Die HCM (englisch: Hypertrophic CardioMyopathy) ist die bei Katzen am häufigsten auftretende Unter den Rassekatzen sind bislang die American Shorthair, Britisch Kurzhaar, Maine Coon, Perser, Ragdoll, Norweger, Siam, Heilige Birma, Rexe und viele andere Rassen von der HCM betroffen. Aber auch viele Hauskatzen erkranken an der HCM. Manche Linien häufiger, andere weniger häufig.

Unter einer HCM versteht man eine Erkrankung, bei der sich der Herzmuskel verdickt. Diese Verdickung kann den gesamten Herzmuskel, oder aber Teile davon betreffen. Von einer Obstruktion spricht man, wenn sich die Verdickung unterhalb der Hauptschlagadermündung entwickelt hat. Diese kann man als Herzgeräusch erkennen. Die Herzmuskulatur wächst in diesem Fall in den Kammerinnenraum des Herzens. Auf diese Weise wird das Volumen der Herzkammer erheblich verkleinert, die Herzkammer kann sich nicht mehr ausreichend mit Blut füllen. So kommt es zu einem Rückstau in der linken Vorkammer des Herzens und im Lungenkreislauf. In der Folge bilden sich Lungenödeme (Wasser in der Lunge) oder aber Pleuralergüsse (Wasser in der Brusthöhle).

Man unterscheidet zwischen der primären und der hypertrophen Kardiomyopathie. Primär sagt aus, dass die Ursache der Erkrankung direkt im Herzmuskel liegt. Dies ist ein genetischer Defekt, der autosomal dominant vererbt wird. Hierunter versteht man einen Erbgang, bei dem das betroffene Gen auf einem Autosom (ein Chromosom, das kein Geschlechtschromosom ist) liegt.

Kater sind in der Regel früher und auch häufiger von HCM betroffen als Katzen. Die meisten Tiere erkranken im Alter von neun Monaten bis zu fünf Jahren.

Bei der sekundären HCM handelt es sich um eine Herzerkrankung, die aufgrund anderer Erkrankungen entwickelt wird. Es können u.a. erhöhter Blutdruck, Nierenerkrankungen oder aber auch eine Schilddrüsenüberfunktion (Hyperthyreose) sein, die in der Folge ursächlich für eine HCM werden.

Symptome von HCM

Für den Besitzer ist eine HCM im Anfangsstadium nicht erkennbar. Katzen zeigen – anders als beispielsweise Hunde – keine typischen Anzeichen einer Herzerkrankung, wie Husten oder auch Mattigkeit. Allerdings kommt es, wenn die Krankheit weiter fortgeschritten ist, häufig zu Atemnot oder Hecheln. Außerdem sind Appetitlosigkeit und ein großes Schlaf- und Ruhebedürfnis bei einer fortgeschrittenen HCM üblich. Die Tiere haben keine Spielfreude mehr und sind deutlich weniger belastbar. Im weiteren Verlauf kann man beim Tier bläuliche Schleimhäute,  einen beschleunigten Herzschlag, den man ertasten kann, und Wasseransammlung beobachten. Außerdem kann zu Thrombosenbildung kommen. Husten kommt eher selten vor. Wichtig: Es muss bei einem erkrankten Tier NICHT unbedingt zu einem Herzgeräusch kommen. Das reine abhören eines Tieres mit einem Stethoskop ist also keine geeignete Untersuchungsmethode, um HCM zu diagnostizieren.

Die Lebenserwartung einer erkrankten Katze ist abhängig von dem Schweregrad der Erkrankung und vom Auftreten von Komplikationen bei der Medikamentengabe. Katzen reagieren sehr unterschiedlich auf HCM-Medikamente. Katzen, bei denen die HCM früh erkannt und behandelt wurde, können noch viele Jahre leben – dafür gibt es aber leider keine Garantie.

Nur ein Problem von Maine Coons?

HCM kennt keinen Halt vor Rassen. Egal ob es sich um Hauskatzen oder Rassekatzen handelt, jede Katze kann von HCM betroffen sein. Obwohl der Schall keine Garantie dafür ist, dass eine Katze keines der Gene trägt, die für die HCM verantwortlich ist, so ist es im Moment immer noch die einzige Möglichkeit, unsere Lieblinge zu schützen – und er ist zuverlässiger als die meisten Gentests. Diese erfassen nur einen Bruchteil der Gene, die in Verdacht stehen, eine HCM zu vererben. Zudem kann das Ergebnis dieser Gentests derzeit von Labor zu Labor und sogar von Untersuchung zu Untersuchung stark variieren. Die Zuverlässigkeit dieser Gentests ist damit noch lange nicht ausgereift.

Für Züchter bedeutet das, dass er nur mit geschallten Tieren (möglichst vom zertifizierten Kardiologen) züchtet. Der letzte Schall vor der Deckung sollte dabei bei Katzen nicht älter als zwei Jahre, und  bei Katern nicht älter als ein Jahr sein. Ein Kater deckt wesentlich öfter und sorgt für mehr Nachkommen, als eine Katze. Das macht es logisch, gerade Kater, die ihre Gene vermehrt weitergeben, engmaschiger zu kontrollieren. Der Herzultraschall und damit die Untersuchung auf HCM kann außerdem immer nur eine Momentaufnahme sein. Ein einmaliger Schall eines Zuchttieres ist damit so gut wie wertlos. Und ich möchte hier noch einmal ganz deutlich machen. Nur durch gewissenhaftes Selektieren von Tieren, die eines oder mehrere Gene in sich tragen, die die HCM auslösen können, haben wir eine Chance, dieser bösen Krankheit etwas entgegen setzen zu können. Wird bei einem Zuchttier eine HCM erkannt, muss dieses augenblicklich kastriert werden und darf nicht weiter Einsatz in der Zucht finden.

Tierarzt ist nicht gleich Tierarzt – warum zertifizierte Kardiologen bevorzugt werden sollten

Warum sollte ein zertifizierter Kardiologe den HCM-Schall durchführen? Leider ist es immer noch so, dass sich jeder Tierarzt Kardiologe nennen darf, der ein kardiologisches Seminar besucht hat. Die zertifizierten Kardiologen müssen jedoch eine bestimmte Anzahl von Herz-Ultraschalls absolvieren und eine Prüfung ablegen, um ihr Zertifikat zu erlangen. Das bedeutet zum einen, sie haben schon Erfahrung und ein geschulteres Auge, um Auffälligkeiten am Herzen zu erkennen. Zum anderen werden diese Kardiologen aktiv Im Herzultraschall geschult.

Der HCM-Schall ist nur eine Momentaufnahme

Warum überhaupt schallen, wenn es doch sein kann, dass die untersuchte Katze in einem halben Jahr an HCM erkranken könnte? Ganz einfach: Wird heute bei der Katze eine HCM festgestellt, so kann sie auf Medikamente eingestellt werden. Es gibt Katzen, bei denen mit 10 Monaten diese tückische Krankheit diagnostiziert wurde und die dank der richtigen Medikamente noch viele, viele Jahre gut leben konnten. Das macht eine HCM-Untersuchung auch bei einem kastrierten Tier sinnvoll. Besonders dann, wenn das Tier einer Rasse angehört, bei der vermehrt HCM auftrifft (Maine Coon, Britisch Kurzhaar, Ragdoll, Perser, Hauskatze) oder in dessen Linie Fälle von HCM bekannt sind.

Züchter sind in der Verantwortung

Wir, als Züchter, sind der HCM nicht hilflos ausgeliefert. Die Kater, die sich in der Zucht befinden, oder aber in die Zucht gehen sollen, müssen konsequent ab dem ersten Lebensjahr einmal jährlich per Herzultraschall untersucht werden, um der Krankheit in den Linien unserer Katzen Einhalt zu gebieten. Auch bei Katzen ist es nötig, ab dem ersten Lebensjahr mit der Herzultraschall-Untersuchung zu beginnen und dann kurz vor jeder Deckung zu wiederholen, damit man sicher sein kann, dass die Katze zum Zeitpunkt der Deckung negativ geschallt ist – das heißt, keine Anzeichen von HCM auf dem Ultraschall zeigt.

Nur mit der Herzultraschall-Untersuchung kann die Dicke der Herzwand, die Muskelkontraktilität (Beweglichkeit des Muskels) sowie die Auswurfleistung des Herzens ermittelt werden. Mit der Dopplermethode, eine besondere Art des Ultraschalls, ist zusätzlich noch die Fließrichtung und die Fließgeschwindigkeit des Blutes zu erkennen. Darüber hinaus kann mit der Herzultraschall-Untersuchung überprüft werden, ob es in den Vorhöfen zur Thrombenbildung gekommen ist. Thromben sind Pfropfen aus Blut, welche die Gefäße verschließen und damit tödlich sein können.

Weiterführende Untersuchungen beim Verdacht auf HCM

Für eine weiterführende Diagnose stehen noch weitere Methoden zur Verfügung:

Mit einem EKG kann nicht nur die Herzschlagfrequenz gemessen werden (sie sollte keinesfalls über 200 Herzschlägen pro Minute liegen). Auch Herz-Rhythmusstörungen, welche bei der HCM auch vorkommen können, werden erkannt.

Eine Röntgenaufnahme kann schließlich aufzeigen, ob das Herz zu groß ist. Dies lässt sich allerdings erst im fortgeschrittenen Krankheitsverlauf auf dem Röntgenbild erkennen. Allerdings kann man durch die Röntgenaufnahme auch noch erkennen, ob es im Umfeld der Lunge zu Ödemen (Schwellungen) gekommen ist.

Bei der HCM können im linken Vorhof Blutgerinnsel entstehen, die dann teilweise abgeschwemmt werden können. Dadurch kommt es häufig in den Oberschenkelarterien zur Thrombenbildung. So muss bei Katzen, die plötzlich aufschreien und eins oder beide Hinterbeine nicht mehr bewegen können, davon ausgegangen werden, dass sie eine Oberschenkelvenenthrombose haben. Sobald diese Symptome auftreten (eine Thrombose kann sehr schmerzhaft sein), muss der Tierarzt die Katze unbedingt behandeln, um die Thromben aufzulösen.

Die erkrankten Tiere werden, falls nötig, mit Entwässerungsmedikamenten sowie ACE-Hemmern (zur Blutdrucksenkung) behandelt. In der Regel werden Beta-Blocker (zur Senkung der Herzfrequenz) verabreicht. Auch kann unterstützend bei Thrombenbildung oder Verdacht darauf, ein Medikament verabreicht werden.  Leidet das Tier außerdem unter Herzrhythmusstörungen, werden auch noch Kalzium-Kanal-Blocker eingesetzt. Diese Medikamente sind allerdings als vorbeugende Maßnahme eher ungeeignet.

Abschließend bleibt zu sagen: Es gibt bei der HCM keine Standardtherapie. Sie muss auf das jeweilige Tier zugeschnitten werden.

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